12.12.2025
Mit dem Urteil vom 15. Juli 2025 – VII R 36/22 hob der BFH das Urteil des FG München vom 27. Oktober 2022 - 14 K 588/20 auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG München zurück.
Zum Sachverhalt:
Im vorliegenden Fall bezog die Klägerin in den Jahren 2014 bis 2017 Waren aus dem Drittland von mit ihr verbundenen Konzerngesellschaften. Dabei meldete sie die unterjährig gezahlten Verrechnungspreise aus den Intercompany Rechnungen als Grundlage für die Zollwertermittlung an. Diese Verrechnungspreise wurden auf der Grundlage eines Distribution Agreements nach der Transaktionsbezogenen Nettomargenmethode ermittelt. Demnach wurden die Preise gebildet, indem von Listenpreisen an Endkunden, welche die amerikanische Muttergesellschaft vorgegeben hatte, eine anhand einer Datenbankanalyse ermittelte fremdübliche Nettomarge für die Klägerin in Höhe von 1,93% abgezogen wurden.
Tatsächlich erzielte die Klägerin in den betroffenen Jahren dann aber Umsatzrenditen (Nettomargen) von deutlich mehr als 20%. Daher erstellten die liefernden Konzerngesellschaften nachträglich Nachbelastungen in Form von Debit Notes, um die zu hohen Margen der Klägerin auf die fremdübliche im Vorfeld der Lieferungen festgelegte Marge von 1,93% anzupassen. Diese Nachbelastungen nahm die Zollbehörde zum Anlass, die unterjährig angemeldeten Verrechnungspreise - da diese zu niedrig gewesen und somit aufgrund der Verbundenheit beeinflusst gewesen seien - zu korrigieren und entsprechend Zollabgaben nachzuerheben.
Hiergegen richtete sich Klage. Dabei bezog sich die Klägerin insb. auf die Urteile des EuGH - C-529/16 und vor allem des BFH - VII R 2/19 in der Rs. Hamamatsu, mit denen die beiden Gerichte im Ergebnis entschieden, dass nachträgliche pauschale Verrechnungspreisanpassungen keine Auswirkungen auf die zum maßgebenden Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen festgesetzten Zollwerte mehr haben können.
Das FG München schloss sich dem an und verwies vor allem darauf, dass die Zollwertermittlung eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung sei. Der maßgebende Zeitpunkt für die Bestimmung des Zollwerts sei der Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld (Art. 85 UZK), also der Zeitpunkt, in dem die betroffenen Zollanmeldungen angenommen wurden. Selbst wenn man der Auffassung des HZA folgen würde, dass sich durch die späteren Feststellungen des Prüfungsdienstes im Jahr 2017 eine Verbundenheit der Klägerin mit ihrer Konzerngesellschaft ergeben haben sollte, die den Preis beeinflusst habe, wäre dies für den maßgebenden Zeitpunkt der Zollanmeldung unbedeutend.
Das HZA hätte darlegen und ggf. belegen müssen, dass bzw. inwieweit Abgaben zu niedrig festgesetzt worden seien. Dies hätte es aber nicht getan. Im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen, die nicht als unvollständig abgegeben wurden, hätten darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die angemeldeten Preise durch Verbundenheit beeinflusst gewesen seien. Daher habe der Zollwert auf der Grundlage des unterjährig angemeldeten Zollwerts ermittelt werden können.
Allerdings ließ das FG München die Revision zu, weil die Frage, ob auch Nachbelastungen von unterjährig angemeldeten Verrechnungspreisen den Zollwert nach Art. 31 ZK (bzw. heute: Art. 74 Abs. 3 UZK) bilden können, höchstrichterlich noch nicht entschieden sei. Daraufhin legte das HZA die Revision auch ein.
Mit dem nun vorliegenden Urteil hebt der BFH das o.a. Urteil des FG München auf, weil es gegen Bundesrecht verstößt. Denn das FG München ist davon ausgegangen, dass unterjährig angemeldete Verrechnungspreise nicht nachträglich korrigiert werden können. Dies sei aber unzutreffend. Zwar sei der Zollwert bezogen auf den Zeitpunkt der Entstehung der Zollschuld zu ermitteln. Dies schließe jedoch nicht aus, dass die in der Zollanmeldung gemachten Angaben gemäß Art. 78 Abs. 1 ZK / Art. 48 UZK nach Überlassung der Waren von den Zollbehörden überprüft werden und der Zollwert nachträglich korrigiert wird, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen (Rz. 39 des Urteils).
Des Weiteren habe das FG keine hinreichenden Feststellungen zum Inhalt der Verträge, zur Anwendung der Transaktionswertmethode, zur Bestimmung der Zollwerte und insbesondere zu einer möglichen Preisbeeinflussung auf Grund der Verbundenheit zwischen Verkäufer und Käufer getroffen (Rz. 42 des Urteils), obwohl des HZA davon ausging und dies im Verwaltungs- und Klageverfahren auch verdeutlicht und mit den erheblichen Nachbelastungsbeträgen durch den Verkäufer begründet habe. Denn die Nachbelastungsbeträge würden die Vermutung von ursprünglich zu niedrigen Kaufpreisen nahelegen. Dies deute darauf hin, dass die Verbundenheit der Unternehmen den Preis beeinflusst habe (Rz. 43 des Urteils).
Ist die Frage einer Preisbeeinflussung zwischen den Beteiligten streitig, müsse das FG die zugrunde liegenden Tatsachen feststellen und würdigen. Daher habe das FG es nicht dahinstehen lassen können (Seite 12 des FG-Urteils), ob eine Verbundenheit der Klägerin mit ihrer Konzernobergesellschaft bestand, die den Preis beeinflusst hatte, weil dies für den maßgebenden Zeitpunkt der jeweiligen Zollanmeldung unbedeutend gewesen sei (Rz. 45 des Urteils). Denn in Fällen, in denen eine Preisbeeinflussung streitig ist, sei die Frage der nicht bestehenden Preisbeeinflussung unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 und 3 ZK / Art. 134 Abs. 1 UZK-IA zu untersuchen. Ansonsten wäre nämlich nicht feststellbar, ob die Transaktionswertmethode anwendbar ist. Dann bliebe die gesetzliche Vorgabe, dass es sich bei der Transaktionswertmethode um die vorrangige Methode und bei den Folgemethoden sowie der Schlussmethode um nachrangige beziehungsweise subsidiäre Methoden handelt, unberücksichtigt (Rz. 50).
Schließlich macht der BFH darauf aufmerksam, dass die Hamamatsu-Entscheidungen von EuGH und BFG einen anderen Fall betrafen, denn dort führte die spätere Preisberichtigung zu einer Preissenkung. Dies sei aber kein Grund zu der Annahme einer Preisbeeinflussung (Rz. 47 des Urteils).
Für die Feststellung, ob die Verbindung der Unternehmen den Preis nicht beeinflusst hat, müsse das FG nun den hierfür relevanten Vertragsinhalt vollständig ermitteln (Rz. 55 des Urteils). Im Anschluss daran habe das FG diesen Inhalt hinsichtlich der Frage, ob die Verbindung der Unternehmen den Preis nicht beeinflusst hat, zu würdigen. Dabei wird es nach Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 ZK / Art. 134 Abs. 1 UZK-IA auch die Begleitumstände des Kaufgeschäfts zu prüfen haben (Rz. 57 des Urteils). Von Bedeutung könne in diesem Zusammenhang auch die Frage sein, auf die das HZA zu Recht hingewiesen habe, warum die Klägerin ihre internen Verrechnungspreise und damit den angemeldeten Zollwert nicht spätestens nach dem ersten Jahr (2014), für das erhebliche Nachbelastungsbeträge angefallen waren, angepasst hat (Rz. 59 des Urteils).
Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie der Fall beim FG München nun fortgesetzt wird.
SV
