Vorlagebeschluss des BFH vom 17. Januar 2023 VII R 7/20 zur zollwertrechtlichen Behandlung von Gestaltungskosten für Umschließungen

6.6.2023

Mit Beschluss vom 17. Januar 2023 VII R 7/20 hat der BFH folgende Vorlagefrage an den EuGH gerichtet:

„Sind die Kosten für die im Zollgebiet der Union erfolgte Erstellung von Druckvorlagen für Etiketten dem Transaktionswert nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii des Zollkodex oder nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv des Zollkodex hinzuzurechnen, wenn die im Zollgebiet der Union ansässige Käuferin die Druckvorlagen den Lieferanten kostenlos in elektronischer Form zur Verfügung stellt?“

Im vorliegenden Fall importierte die Käuferin Nahrungsmittel in Konserven aus Drittländern. Die Konserven waren mit aufgeklebten Papieretiketten versehen, welche die Lieferanten unter Verwendung von Druckvorlagen, die ihnen von der Klägerin kostenlos elektronisch zur Verfügung gestellt worden waren, im Drittland hergestellt hatten. Die Druckvorlagen wurden von verschiedenen Werbegrafikdesignstudios in Deutschland im Auftrag und auf Kosten der Käuferin erstellt. Die Klägerin gab in ihren Zollanmeldungen als Zollwert jeweils nur den Betrag an, den sie entsprechend den Kaufverträgen mit den in den Drittländern ansässigen Herstellen an diese als Entgelt zu zahlen hatte, darunter auch die für die Konserven und den Druck der auf den Konserven aufgeklebten Papieretiketten angefallenen und im Kaufpreis enthaltenen Kosten, jedoch ohne die Kosten der Druckvorlagen. Das HZA war der Auffassung, dass die anteiligen Kosten für die Druckvorlagen für die Aufklebeetiketten in den Zollwert hätten einbezogen werden müssen und erhob Einfuhrabgaben nach. Das Einspruchsverfahren und die Klage blieben erfolglos.

Das FG Hamburg entschied mit Urteil v. 18. Juni 2019 - 4 K 179/16, dass die Kosten für die Erstellung der Druckvorlagen gemäß Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii ZK bei der Ermittlung des Zollwerts hätten berücksichtigt werden müssen. Die Konserven seien Umschließungen, weil sie sich nicht nur zur Beförderung der Waren, sondern auch zu ihrer Lagerung und Vermarktung eigneten und zur Verpackung dieser Waren üblich seien. Zu diesen Umschließungen gehörten auch die Etiketten, auf denen der Inhalt der Konserven beschrieben und beworben werde. Die Etiketten bildeten eine untrennbare Einheit mit den Konserven und seien als solche nicht mit Hangtags oder Fotoeinlegern vergleichbar, die nicht als Umschließungen einzuordnen seien. Eine Privilegierung der in der EU erarbeiteten geistigen Leistungen nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZK sei im Streitfall nicht möglich.

Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Rechtsmittel ein. Der BFH ließ daraufhin die Revision zu und stellt nun die o.a. Vorlagefrage an den EuGH. Diese Frage ist auch für Einfuhren nach Anwendbarkeit des UZK wichtig, da die Vorschriften inhaltlich gleich geblieben sind.

Nach Ansicht des BFH sei zunächst fraglich, wie der Begriff „Umschließung“ auszulegen sei. Der ZK (wie auch der UZK) enthält keine Definition dieses Begriffes. Insbesondere sei offen, ob die Kosten für die Erstellung von Druckvorlagen für Etiketten, die wiederum auf die eigentlichen Umschließungen (Konservendosen) aufgeklebt werden, ebenfalls unter den Begriff „Umschließung“ fallen und damit nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i ZK (heute: Art. 71 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i UZK) einzuordnen sind.

Zudem sei auch das Verhältnis von Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii ZK zu Art. 32 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZK (heute: Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv UZK) und die Abgrenzung von Umschließungen zu geistigen Beistellungen unklar. In diesem Zusammenhang stelle sich wegen des weiten Wortlauts von Art. 32 Abs. 1 Buchst. b ZK die Frage, ob diese Vorschrift vorrangig anzuwenden ist, wenn über die zollwertrechtliche Beurteilung von geistigen Beistellungen zu entscheiden ist. Das Gericht hält eine Auslegung für vertretbar, nach der Art. 32 Abs. 1 Buchst. b ZK eine spezielle Grundsatzregelung für geistige Beistellungen enthält, auch wenn dies unter Berücksichtigung des eigentlichen Wortlauts und Aufbaus der Vorschrift nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt. Daher sei zu klären, ob im Fall der zollwertrechtlichen Beurteilung von immateriellen Gegenständen eine Anwendung von Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii ZK bereits aus diesem Grund ausgeschlossen ist.

Da diese Rechtsfragen bislang vom EuGH nicht entschieden wurden sowie auch anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des EuGH zum Zollwertrecht nicht zufriedenstellend beantwortet werden können und auch der BFH solche Fragen bislang nicht behandelt hat, entschloss sich die BFH zu diesem Vorlagebeschluss. Es handelt sich dabei um den ersten Vorlagebeschluss des BFH in einem Zollwertfall seit über 30 Jahren.

SV


Verlag C.F. Müller

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