Rechtsprechung: BGH FamRZ 2021, 886, LG Kassel FamRZ 2021, 307, bestätigend

31.8.2022

Die Zubilligung eines festen Geldbetrags gem. § 277 Abs. 3 FamFG an den Verfahrenspfleger durch das AG schließt Ansprüche auf Vergütung und Aufwendungsersatz nicht aus, die sich aus einer Tätigkeit in einer nachfolgenden Instanz ergeben.

Ein zusätzlicher Vergütungsanspruch gem. Abs. 1 und 2 der Norm für die zweite Instanz ist durch § 277 Abs. 3 S. 2. Hs, § 318 FamFG laut BGH nicht ausgeschlossen:

Die vom AG vorgenommene Bestellung des Verfahrenspflegers gilt im Beschwerdeverfahren fort. Gem § 317 V FamFG endet die Bestellung eines Verfahrenspflegers im Unterbringungsverfahren ebenso wie gem § 276 V FamFG im Betreuungsverfahren (vgl. dazu BGH FamRZ 2015, 44 Rn 7 ff) mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens, wenn sie nicht vorher aufgehoben wird. Mithin liegen grds. die Voraussetzungen vor, unter denen berufsmäßig bestellte Verfahrenspfleger gem. §§ 318, 277 FamFG Vergütung und Aufwendungsersatz für ihre Tätigkeit im zweitinstanzlichen Verfahren verlangen können.

Der mit der Zubilligung eines festen Geldbetrags verbundene Ausschluss weiterer Entschädigungsansprüche erstreckt sich laut BGH nicht auf Ansprüche des Verfahrenspflegers, die sich aus der Tätigkeit in einer nachfolgenden Instanz ergeben (so auch in Jox/Fröschle/Bartels PK Betreuungs- und Unterbringungsverfahren 4. Aufl, § 277 FamFG aF Rn 22; BeckOK FamFG/Günter [Stand: 1.1.2021] § 277 Rn 8; Prütting/Helms/Fröschle FamFG 5. Aufl § 277 aF Rn 52).

Allerdings sehe der Wortlaut des § 277 Abs. 3 S. 3 2. Hs FamFG keine Beschränkung auf den jeweiligen Rechtszug vor. Andererseits enthalte die Bestimmung aber auch keine ausdrückl Anordnung, dass mit dem zugebilligten festen Geldbetrag die Tätigkeit des Verfahrenspflegers in allen Instanzen abschließend abgegolten sein soll. Das gilt umso mehr, als die §§ 277 Abs. 3, 318 FamFG zu den Vorschriften gehören, die originär das erstinstanzliche Betreuungs- bzw. Unterbringungsverfahren regeln und nur über den Verweis in § 68 Abs. 3 S. 1 FamFG auch auf das Beschwerdeverfahren Anwendung finden. 

Mit Wortlaut und systematischem Zusammenhang ist nach BGH ohne weiteres auch eine Auslegung vereinbar, wonach die Möglichkeit der pauschalen Entschädigung nach § 277 Abs. 3 FamFG für jeden Rechtszug neu eröffnet wird und mithin auch der Ausschluss nach § 277 Abs. 3 S. 3 2. Hs FamFG nicht über die jeweilige Instanz hinausreicht. Dem stehe nicht entgegen, dass die erstinstanzliche Bestellung des Verfahrenspflegers nach §§ 276 Abs. 5, 317 Abs. 5 FamFG auch für einen Folgerechtszug wirksam bleiben kann. Denn dies besage nichts darüber, wie die Entschädigung des Verfahrenspflegers für seine Tätigkeit in der Rechtsmittelinstanz zu erfolgen habe (BGH FamRZ 2021, 886, LG Kassel FamRZ 2021, 307, bestätigend).


Verlag C.F. Müller

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